Karl Markovics ist ein Phänomen. Als Schauspieler ist der Wiener ein detailverliebter Arbeiter, als Regisseur ein Künstler mit akribischem Blick. Markovics gilt als produktiver Eigenbrötler, der sich nicht vermeintlich ehernen Gesetzen von Starrummel unterwirft. Und dennoch hat er es mit seinem geraden Weg zum Publikumsliebling gebracht, über den in der Branche kein böses Wort verloren wird. Ein Phänomen eben. Heute, am 29. August, wird Markovics 60 Jahre alt.
Das Renommee des Publikumslieblings erarbeitete sich Markovics mit seinem Part als Stockinger, dem Sidekick in der TV-Serie „Kommissar Rex“. Die Rolle des Bezirksinspektors wurde so populär, dass sie gar einen Spin-off erhielt. Anders als viele Kolleginnen und Kollegen unterwarf sich Markovics jedoch nie jenen Sirenen, die Künstler in einem Genre oder einem Zweig verhaftet sehen wollen, wenn sich der Erfolg einstellt.
So behielt der Künstler stets auch einen Fuß in der Tür des Theaters und des Kinos respektive etablierte sich alsbald auch als Regisseur. International Aufmerksamkeit erregte Markovics in seiner Hauptrolle als Salomon Sorowitsch in Stefan Ruzowitzkys NS-Drama „Die Fälscher“, das 2008 erstmals den Auslandsoscar nach Österreich holte. 2011 saß Markovics dann selbst im Regiesessel für sein Kinodebüt „Atmen“, das sich zum veritablen Festivalhit entwickelte und in einer Nebenreihe von Cannes seine Weltpremiere feierte. Bis dato schlossen sich hier das Frauenporträt „Superwelt“ mit Ulrike Beimpold und die Flüchtlingsparabel „Nobadi“ an – neben der Regie auch jeweils nach Drehbüchern des Umtriebigen.
Und auch wenn Markovics den Societyrummel stets eher scheute, verhinderte das nicht sein Engagement für den eigenen Berufsstand. So wurde er 2009 gemeinsam mit Barbara Albert erster Präsident der von ihm mitgegründeten Akademie des Österreichischen Films und sorgte mit dem vom Branchenverband ausgerichteten Österreichischen Filmpreis dafür, dass die rot-weiß-rote Kinoszene mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde. 2013 übergab das Duo an Ursula Strauss und Stefan Ruzowitzky.
Dass es Karl Markovics dereinst an die Spitze seiner Zunft bringen sollte, das war wohl im Jahr 1963 noch nicht absehbar, als der späterer Liebling der Bewegtbild schauenden Österreicher am 29. August als Sohn einer Verkäuferin und eines Busfahrers in Wien geboren wurde. Und doch steuerte der junge Karl relativ zielstrebig auf seinen Beruf zu, auch wenn die Aufnahmeprüfung am Max-Reinhardt-Seminar misslang.
Markovics heuerte ungeachtet dessen 1982 zunächst beim Serapionstheater an, 1987 dann wechselte er zum Wiener Ensemble. Vier Jahre später übernahm er in „Hund und Katz“ von Michael Sturminger seine erste kleine Kinorolle, viele weitere – etwa in „Indien“, „Hinterholz 8“, „Wanted“ oder „Komm, süßer Tod“ – sollten in den 90er-Jahren folgen. Dazu zählte etwa die Hauptrolle neben Julia Stemberger in Houchang Allahyaris Politsatire „Geboren in Absurdistan“. Zu jener Zeit hatte er als menschenscheuer Bezirksinspektor Stockinger aus „Kommissar Rex“ schon den Status eines geheimen Serienhelden.
Ungeachtet seiner markanten Physiognomie entwickelte sich Markovics zu dieser Zeit bereits zu einem jener Schauspieler, die gleich Gerard Depardieu in Frankreich einen Status haben, in dem sie zentrale Figuren der Zeitgeschichte ungeachtet etwaiger optischer Parallelen verkörpern und einem breiten Publikum nahbar machen können. So verkörperte er in Elisabeth Scharang Politaufarbeitung „Franz Fuchs – ein Patriot“ den titelgebenden Briefbombenattentäter, was ihm 2008 einen Emmy-Nominierung in der Kategorie „Bester Schauspieler“ einbrachte.
2002 schon hatte Markovics in Xaver Schwarzenbergers TV-Biopic „Andreas Hofer“ den Erzherzog Karl verkörpert, 2016 im Spielfilm „Die Geliebte des Teufels“ des tschechischen Regisseurs Filip Renč Joseph Goebbels und 2019 in der Verfilmung von André Hellers autobiografischem Roman „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“ den Vater der Hauptfigur, Roman Silberstein. Bis 9. August stand er jüngst als Sigmund Freud für die Universum-Folge „Die Illusion der Freiheit“ vor der Kamera, die im Dezember im ORF zu sehen sein soll.
Aber auch wenn die Kinokarriere in den 2000ern so richtig abhob und neben den „Fälschern“ auch kleinere Partien in internationalen Hits wie „Die Vermessung der Welt“ (2012) oder „Grand Budapest Hotel“ (2014) umfasste, behielt der unprätentiöse Markovics stets beide Beine auf der Erde und ein Standbein auf der Bühne. So war er regelmäßig am Theater in der Josefstadt und dem Wiener Volkstheater zu erleben. Das Haus an der 2er-Linie war es auch, das Markovics 2005 seine erste Theaterregie ermöglichte – Eugene Ionescos „Die kahle Sängerin“.
Doch als wären die Engagements als Film-, Fernseh- und Theaterschauspieler, als Drehbuchautor, Branchenaktivist und Theaterregisseur nicht schon genug, legte Karl Markovics 2018 im Rahmen der Bregenzer Festspielen mit der Uraufführung von Thomas Larchers „Das Jagdgewehr des Komponisten“ auch noch seine erste Opernregie vor. Diese brachte ihm prompt die Auszeichnung der besten Opernregie beim Österreichischen Musiktheaterpreis ein.
Karl Markovics scheint einfach in allen Bereichen sein Publikum zu finden, was sich nicht zuletzt in einer ganzen Kohorte an Auszeichnungen und Preisen niederschlägt. 2007 und 2008 wurde er mit der Romy für den beliebtesten Schauspieler prämiert, 2008 auch mit dem Großen Diagonale-Schauspielpreis und 2010 mit dem Nestroy-Ring. 2016 folgte die Ehrung als Schauspieler des Jahres beim ORF Hörspielpreis, 2017 der Deutsche Schauspielpreis als bester Schauspieler in einer Hauptrolle für „Polizeiruf 110: Und vergib uns unsere Schuld“.
(APA)
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